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Ausgabe:

Juli/August/2016

Spalte:

857–858

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Schwillus, Harald

Titel/Untertitel:

Religionspädagogik. Einführung in eine theologische Disziplin mit Bildungsbezug.

Verlag:

Berlin: Logos Verlag 2015. 182 S. Kart. EUR 22,00. ISBN 978-3-8325-3966-5.

Rezensent:

Michael Domsgen

Mit seiner Einführung in die Religionspädagogik, die der katholische Religionspädagoge Harald Schwillus explizit als »Teildisziplin der Praktischen Theologie« und »theologische(s) Fach mit großer Nähe zur Pädagogik« versteht, will er die dafür »nötigen Grundlagen erschließen« (7) und realisiert dies in vier Schritten.
Am Anfang steht eine Skizze zur Geschichte der christlichen Unterweisung und ihrer theoretischen Durchdringung bis zum 19. Jh. (9–47), die »Orte und Formen, gesellschaftliche Bedingungen und Träger der christliche[n] Lehre« (7) in den Blick nimmt. Daran schließen sich Ausführungen zur Entwicklung und zum gegenwärtigen Selbstverständnis der Religionspädagogik an (48–92). Das 3. Kapitel befasst sich mit dem gesellschaftlichen Umfeld heute, das S. als »Grundlage und zugleich Ort jeglicher Kommunikation von Religion und Glaube wie auch jeglicher religiöser Bildung« (7) versteht (93–138). Den Abschluss bilden theologisch-religionspädagogische Überlegungen (139–161). S. begründet dies einleitend damit, dass »Antrieb und letzte Begründung christlicher Religionspä-dagogik […] stets der Evangelisierungsauftrag Jesu Christi« (7) bleibe. Insofern sei eine theologische Begründung religiöser Bildung un­erlässlich.
Die damit gegebene Schwerpunktsetzung lässt sich auch in den einzelnen Kapiteln selbst erkennen. So legt S. im historischen Blick den Fokus hauptsächlich auf die ersten Jahrhunderte. Auffällig ist eine Konzentration auf den Lernort Gemeinde. Religiöse Bildung in der Familie wird dagegen kaum thematisiert. Die Reformation wird zwar erwähnt (unter der Überschrift »Religiöse Unterweisung im Zuge von Reformation[en] und katholischer Reform«), findet aber hauptsächlich als Verdeutlichung dessen Erwähnung, »dass das mittelalterliche Prinzip der Sozialisation in Christen-tum und Glaube in der Epoche der Reformation an seine Grenzen gelangt war« (40). Die Impulse der Aufklärung sowie der Entstehung der Pädagogik als eigenständiger Wissenschaft kommen sehr kurz.
»Das wissenschaftliche Selbstverständnis der Religionspädagogik« zeichnet S. anhand zweier »Dialogverhältnisse« (48) nach. Sie ergeben sich aus einer doppelten Verankerung der Religionspä-dagogik: »einerseits teilt sie als ein Fach der Praktischen Theologie deren Diskurse und Zuordnungsdebatten im Haus der Theologie, andererseits besitzt sie als Pädagogik ein spezifisches Zuordnungsverhältnis zur außertheologischen Erziehungswissenschaft« (ebd.). Religionspädagogik ist deshalb als »Interaktionswissenschaft« zu beschreiben, kurz gefasst »als Theologie in pädagogischer Perspektive und als Pädagogik unter der Perspektive religiöser Bildung« (77) im Sinne einer Theorie der Praxis, in die dann auch kulturhermeneutische und wahrnehmungswissenschaftliche Aspekte integriert werden können. Sie ist der übergeordnete Theorierahmen, auf dessen Grundlage unterschiedliche Handlungsfelder zu beden ken sind.
S. nennt hier neben der Religionsdidaktik (die er ausschließlich schulisch bestimmt) und Katechetik nicht nur die religiöse Bildung im Elementarbereich, im Rahmen kirchlicher Jugendarbeit, im Kontext von Familie und Beziehung, im Alter sowie im Feld der Erwachsenenbildung, sondern hat auch »Präkatechumenale Bildungsangebote der Kirche für Nichtchristen«, »Spirituelle(n) Tourismus«, »Religionsbezogene Bildungsarbeit im Museum« sowie das »Theologisieren in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit (Kultur, Medien, Politik u. ä.)« (56) im Blick. Er verdeutlicht damit, dass »es eine immer wieder neu zu unternehmende Aufgabe der Religionspädagogik ist, ihren Ort innerhalb der Theologie als wissenschaftlicher Reflexion von Religion, Christentum, Kirche und Glaube unter Bezug auf die Subjekte in religiösen Lehr-, Lern-, und Bildungs- und Kommunikationsprozessen zu bestimmen und zu vertreten« (ebd.). Dazu sind die gesellschaftlichen Kontexte präzise in den Blick zu nehmen. S. versucht dies auf der Grundlage gängiger Theoreme und betont abschließend, dass »eine inkarnatorisch angelegte Religionspädagogik sich keine Gesellschaftssituationen ausmalt, sondern die Weltwirklichkeit in ihrer jeweiligen Verfasstheit als derzeitigen Ausdruck der Schöpfungswirklichkeit ernst« (138) zu nehmen hat. Dass für deren Profilierung theologische Er­wägungen grundlegend sind, zeigt S. im letzten Kapitel, in dem er dafür plädiert, »Individuen in ihrer Individualität und Vergesells chaftung ernstzunehmen« (139), Theologie als »Theologie ›vor Ort‹« (146) zu profilieren, um »die Überlieferungen des Glaubens zugänglich« (ebd.) zu machen und »Theologie kommunizieren« (151) zu können. Dabei geht es ihm um »Religion im öffentlichen Diskurs« (155).
Insgesamt bietet S. einen interessanten und kompakten Überblick über Grundfragen der Religionspädagogik, der sich in besonderer Weise der theologischen Vergewisserung verbunden fühlt und von dem – zwar nicht ausschließlich, aber sicher vorzugsweise– Studierende werden profitieren können.